Lieber Sportsfreund Walter,
der BSV ist stolz ein Eigengewächs zu haben, das es bis in die 1. Bundesliga geschafft hat.
Wie war der Weg dorthin?
Es war ein langer Weg mit unterschiedlichen Merkmalen. Doch waren mir Talent, Ehrgeiz, Fleiß und viel Glück behilflich. Angefangen hat die fußballerische Laufbahn mit unserer damaligen einseitigen Freizeitgestaltung. Wir kannten nur eine Sportart: eben Fußball. Auf jeder Wiese, jeder Straße, jeder freien Fläche im Wald hatten wir unseren Bolzplatz. Dazu kam dann die Aktivität des BSV in der Nachwuchsarbeit. Es war schon ein großer Erfolg, wenn man in der Knaben-, Schüler- oder Jugendmannschaft nominiert wurde. Wir motivierten uns schon auf dem Schulplatz, dazu brauchten wir keinen Trainer. Die Ergebnisse waren hervorragend. Man wurde von anderen Vereinen beobachtet und beurteilt. Der VFL Osnabrück besuchte mich und der verantwortliche Trainer Harry Hemmo holte mich 1954 zum VFL. Der Wechsel kostete mich 1 Jahr Spielsperre, eine Folge der Satzungen im NFV. Punkt! Nach der Sperre kam der Durchmarsch. Die VFL-Jugendmannschaft spielte um die norddeutsche Meisterschaft. Leider konnten wir sie nicht gewinnen. Viele Gönner und ehrliche Freunde begleiteten mich und garantierten damit meine Entwicklung. 1 Jahr Amateurmannschaft, danach mit 19 Jahren der Vertrag für die Mannschaft der Oberliga Nord, die höchste Spielklasse des DFB. Mit Höhen und Tiefen spielte ich bis 1961 in Osnabrück beim VFL, viele Spiele zusammen mit meinem Bruder Helmut. Dann kam der Wechsel nach Münster zu Preußen, die in der Oberliga West spielten. Eine tolle Zeit in Sachen Fußball begann für mich. Mit dem hervorragenden Trainer Richard Schneider arbeiteten wir uns zur Qualifikation der 1963 beginnenden Bundesliga heran. In der neuen Bundesliga mit 16 Vereinen hatte der DFB der Oberliga West 5 Plätze reserviert. Gesetzt waren Köln, Dortmund und Schalke 04. Ein Punktsystem hatte es so entschieden. Die verbleibenden zwei freien Plätze wurden von SV Meiderich und Preußen Münster besetzt. Leider nur für ein Spieljahr. Wir stiegen ab.
Mit der Niedersachsen-Auswahl hast du in Hannover gegen den brasilianischen Club FC Santos mit dem legendären Pele gespielt. Erstarrt man da vor Ehrfurcht oder wie war die Begegnung mit dem wohl besten Fußballer der Welt?
Es war ein einmaliges Erlebnis 1958 in Hannover. Brasilien war in Schweden Weltmeister geworden, mit dem überragenden 17-jährigen Pele. Danach bereisten brasilianische Mannschaften Europa, um die heimatlichen Kassen aufzufüllen. Der FC Santos kam mit Pele nach Hannover und spielte gegen eine Niedersachsen-Auswahl. Ich wurde nominiert und habe mich gegen die Künstler aus Brasilien gut verkaufen können. Nach dem verlorenen Spiel hatten wir ein gemeinsames Essen in der Verbandsschule Barsinghausen. An langen Tischen wurde serviert, mir gegenüber saß Pele. Ein tolles Gefühl. Eine Unterhaltung fand leider nicht statt, da er kein Deutsch sprach und ich nicht portugiesisch. Erstarrt bin ich nicht, ich konnte aber nicht ahnen, dass er später ein so einmaliger Weltfußballer wurde.
Eine Welttournee führte dich mit dem SC Preußen Münster nach Süd- und Nordamerika. Welche Erinnerungen sind da geblieben?
Es waren zwei Reisen: eine fand 1962 nach Südamerika statt, die andere Tour ging 1963 nach Nordamerika, u.a. nach New York. 1962 war die Weltmeisterschaft in Chile, wir wurden als typisch europäische Mannschaft als Gegner ausgewählt. Vier Wochen waren wir in Argentinien, Uruguay und Chile, Trainingspartner der jeweiligen A- und B-National-Mannschaften. Wir fanden mit unserem Einsatz und der Spielweise viel Beifall. In guter Erinnerung sind mir die Empfänge bei den Deutschen Botschaften geblieben, ganz toll! 1963 nahmen wir am internationalen Turnier in New York, Detroit und Toronto teil. Mannschaften aus Italien (SC Mantua mit Rolf Geiger), England (Westham United mit Bobby Moore), Mexico, Schottland, Frankreich, Brasilien, Argentinien und wir aus Deutschland (Preußen Münster) kämpften um den Pokal. Zu Toronto fällt mir eine Anekdote ein: Wir wurden nach dem Spiel gegen Kilmarnock (Schottland) von einem deutschen Fußballverein eingeladen. Nach der Begrüßung des Vorstandes und lockeren Gesprächen wurde ich von einem sportlichen Herrn angesprochen. Von unserem Vorsitzenden, Josef Oevermann, habe er erfahren, dass ich aus Osnabrück kommen würde und dort auch noch wohne. „Sag mir mal, ist der Name Mrusek für dich ein Begriff?“ Gottlob konnte ich es bestätigen, er sei doch Torwart beim VFL nach Flotho gewesen. Er war glücklich und stolz. Als ich erzählte, ich würde in Holzhausen wohnen, erwähnte er seine Fußballerzeit bei Viktoria GM-Hütte. 1955 wäre er nach Kanada ausgewandert. Er blieb ein angenehmer Gesprächspartner. Obwohl versprochen, haben wir später niemals wieder Kontakt gehabt. Wie klein ist doch die Welt. Beide Reisen konnten nur aufgrund der guten weltweiten Beziehungen unseres Vorsitzenden Oevermann durchgeführt werden.
Eine schwere Sportverletzung beendete im Januar 1964 im Bundesligaspiel
SC Preußen gegen Eintracht Braunschweig deine Karriere. Nach einer längeren Genesungszeit kehrtest du zum BSV zurück. Ein Hauch Bundesliga kam nach Holzhausen und mit dir als Spielertrainer feierte der BSV in den nächsten Jahren große Erfolge. Was war das für ein Gefühl nach 2 ½ Jahren wieder auf dem Platz zu stehen?
Nach der langen Auszeit begann ich 1966 mit der Trainerarbeit in Holzhausen beim BSV. Ohne Fußball konnte ich nicht leben. Obwohl ich beruflich in leitender Position sehr gefordert wurde, suchte ich den sportlichen Ausgleich auf dem Sportplatz. Du hast in der Frage die dann folgenden Erfolge schon erwähnt, Die Erfolge gehörten den jeweiligen Mannschaften in der Jugend, wie auch im Herrenbereich. Natürlich habe ich dazu beigetragen, mehr aber nicht. Bekanntlich wurden von mir Disziplin und Begeisterung aller Aktiven verlangt, die die Spieler auch erbrachten. Die Mannschaften verstanden mich und ich verstand die Mannschaften. Drei Ereignisse waren überragend, daher werden sie jetzt hier erwähnt:
Die Bundesliga wird im nächsten Jahr 50 Jahre. Was hat sich aus deiner Sicht alles verändert?
Die ganze Struktur hat sich verändert. Das 1. Jahr „Bundesliga“ war ja praktisch amateurhaft wie in den vorhergehenden Oberligazeiten. Lediglich die Trainingszeiten wurden öfter, die sonntäglichen Spiele schwerer. Die Bundesliga wurde plötzlich internationaler. Die Ausländer spielten nicht nur mit, sie diktierten. Es ist eine starke Wirtschaftskraft mit Millionenumsätzen entstanden. Aber Vorsicht bei den hohen Verdienstmöglichkeiten. Nicht jeder Bundesligist ist eine VW-Werkstatt oder hat einen Hopp-Sponsor. Der geniale General von Bayern München darf nicht unerwähnt bleiben. Aber ich bleibe dabei: wenn gute Spieler die Stadien füllen, sollen sie auch gut verdienen, aber nicht übertrieben.
Wie ist dein Verhältnis zum Fußball heute?
Noch immer verfolge ich die sonntäglichen Spiele aller Ligen. Du kennst doch meine Briefmappe und ihren Inhalt. [Anmerkung: Walter`s Briefmappe ist ein Lexikon].
Wie häufig kann ich aufkommende Fragen dank meiner Zeitungsausschnitte beantworten. Natürlich bin ich noch häufig auf dem Sportplatz als Zuschauer. Aktiv kann ich aber nicht mehr tätig sein. Mein Freund, Chefarzt Dr. Ulli Knoche vom Franziskushospital, hat mir ein neues Hüftgelenk eingesetzt, mit großem Erfolg und ohne Komplikationen. Er forderte aber von mir, den aktiven Fußballsport zu beenden. Es war für mich nicht einfach, aber unausweichlich.
Du bist immer Holzhauser geblieben und wohnst hier mit deiner Frau Anne. Wie sieht dein Leben heute als “ rüstiger Rentner“ aus?
Ja, ich bin ein rüstiger Rentner. Ich freue mich auf jeden neuen Tag. Mit meiner Frau mache ich viele Spaziergänge in der Umgebung von Holzhausen. Häufige Stadtbesuche, Urlaube und Stadtfahrten sorgen für Abwechslung. Außerdem haben wir unsere Kinder Andrea und Martin mit den Enkelkindern Lisa und Nils. Sie sorgen immer für Programm, was uns sehr erfreut. Dann zählt dazu auch unser vor 6 Jahren gegründeter Fahrradclub, der uns jeden Dienstag zusammenbringt. Wir schaffen unter deiner oder Kalla Menkhaus Führung mit Unterstützung von Reinhard Erdmann und Rainer Wagner lockere 35 bis 40 Kilometer. Hoffentlich sind wir noch lange dazu in der Lage.
Was würdest du dir für die Zukunft wünschen?
Die Zukunft möge mir Gesundheit, geistige Frische und noch viele schöne Jahre im Kreise der großen Familie und der Freunde bringen.
Ich habe mich gern bereit erklärt, dieses Gespräch mit dir zu führen und grüße den Vorstand und alle BSVer herzlich.
Walter Bensmann
Der BSV bedankt sich für das Gespräch und wünscht dir und deiner Familie alles Gute. Wir würden uns freuen dich häufig am Sportplatz zu begrüßen.
BSV-Ehrenrat
Heinz Gausmann
Februar 2012
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